Thomas Stornig: Wahlalter 16. Erfahrungen aus Österreich und Konsequenzen für die politische Bildung
Anlässlich der im Juni 2024 erstmals unter Einbezug von 16- und 17-Jährigen in Deutschland durchgeführten Europawahl wirft der Beitrag einen Blick auf Österreich, wo bereits seit der allgemeinen Wahlaltersenkung 2007 Erfahrungen mit Wählen mit 16 vorliegen. Befunde machen sichtbar, dass sich das Wahlverhalten der jungen Bürger:innen nicht wesentlich von dem der älteren unterscheidet, verweisen jedoch auf Praxisprobleme der Politischen Bildung. Darüber hinaus werden Folgerungen für die Politische Bildung formuliert, wie diese die Aufgabe der Vorbereitung von Jungwähler:innen besser erfüllen kann.
https://budrich-journals.de/index.php/gwp/article/view/45708
Überlegungen und Argumente zum Wahlalter in Deutschland präsentierten Thorsten Winkelmann, Julia Zimmermann in der Ausgabe 4-2020
Mehr Demokratie wagen? Wählen mit 16 Jahren
Der Status quo Die Debatte bezüglich des Wahlalters ist nicht neu, kommt sie doch in periodischen Abständen immer wieder auf die politische Agenda. Dabei ist die Frage nach dem Wahlalter wohl so alt wie die Abhaltung von Wahlen selbst. Art. 20 Abs. 2 des GG besagt zwar, dass „alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht und vom Volk in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird.“ Zugleich schränkt das Grundgesetz dieses Recht durch Art. 38 Abs. 2 ein, wonach „Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.“ Damit konfligieren zwei Ver-fassungsnormen, denn die Altersbeschränkung widerspricht dem Postulat der Allgemeinheit aller Staatsangehörigen, welches wiederum den Kern der Volkssouveränität ausmacht. Ohne Altersbeschränkung gehören zum „Volk“ alle Deutschen im Sinne des Grundgesetzes Artikel 116 Abs. 1. Die Teilnahme an Willensbildungsprozessen ist demnach ausschließlich an die Staatsbürgerschaft gekoppelt, während das Recht wählen zu gehen, zugleich ein Menschenrecht, nicht an individuelle Eigenschaften wie Alter, Geschlecht, soziale und/oder kulturelle Herkunft gebunden sein darf. Wie das Bundesverfassungsgericht ausführt, ist an Wahlen teilzunehmen „das vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat“ (BVerfGE 1, 14)https://budrich-journals.de/index.php/gwp/article/view/36506/31148