Das Europaparlament hat für eine Verschiebung des europäischen Lieferkettengesetzes gestimmt. Die meisten Wirtschaftsvertreter begrüßen das, die Umweltverbände sehen eine schwere Schädigung des „Green Deal“ der EU. Hier Positionen aus der aktuellen Diskussion:
Die Entscheidung des EU-Parlaments (Die FAZ schreibt am 3.4.2025)
Das Europaparlament hat den Weg für eine Verschiebung des europäischen Lieferkettengesetzes freigemacht. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte in Straßburg dafür, dass erste Regelungen des umstrittenen Vorhabens ein Jahr später in Kraft treten sollen. Die EU-Staaten müssen den Schritt nur noch abnicken, damit die Änderung im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden können. Die Länder hatten sich vor gut einer Woche aber bereits für eine Verschiebung ausgesprochen, der Schritt gilt als Formsache.
Die beiden Institutionen folgen einem Vorschlag der EU-Kommission, wonach erste Regeln 2028 gelten würden. Die Richtlinie soll aber auch inhaltliche geändert und vereinfacht werden, damit Unternehmen mit weniger Bürokratie belastet werden. Wie weitreichend diese Änderungen werden, steht noch nicht fest und dürfte noch intensiv diskutiert werden.
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/lieferkettengesetz
Der Koalitionsvertrag
Die Koalitionspartner der künftigen Bundesregierung, CDU, CSU und SPD, wollen dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ein Ende setzen: Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor, den die Parteispitzen am 9. April vorstellten. Demnach soll die Streichung der ESG-Vorgabe Teil eines „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ sein.
Das LkSG soll dem Koalitionsvertrag zufolge durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung ersetzt werden, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetze.„Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett“, so der Koalitionsvertrag. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert werden.
https://logistik-heute.de/news/koalitionsvertrag-deutsches-lieferkettengesetz-wird-abgeschafft-207628.html
Germanwatch
Berlin/Brüssel (03. April 2025). Cornelia Heydenreich, Bereichsleiterin Unternehmensverantwortung bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch: “Zwei längst beschlossene und jahrelang verhandelte Leuchtturmgesetze des European Green Deals ohne solide Evaluierung zu verschieben, ist ein falsches Signal. Der sogenannte Omnibus ist falsch abgebogen. Statt sich entschlossen auf die möglichen Verbesserungspotentiale bei der Umsetzung der bestehenden Regulierungen zu konzentrieren und zur dringend benötigten Transformation des europäischen Wirtschaftsraums zu bekennen, verlängert die EU so die aktuelle Phase der Rechtsunsicherheit. Die Folge: Vorreiter-Unternehmen, die bereits mitten in der Vorbereitung und Datensammlung für die Gesetzesumsetzung stecken, werden ausgebremst und demotiviert; Unternehmen, die gegen die EU gewettet haben, werden belohnt. Die Zustimmung zur zeitlichen Verschiebung untergräbt die notwendige risikobasierte Umlenkung von Finanzierung, denn Banken werden auch in den kommenden Jahren kaum standardisierte Nachhaltigkeitsberichte erhalten. Doch es könnte noch schlimmer kommen, denn im Zuge des weiteren Omnibus-Verfahrens droht auch eine inhaltliche Entkernung der Gesetze. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die neue EU-Kommission, deren kürzlich – überstürzt sowie unter Druck des deutschen Wahlkampfes und von großen Wirtschaftsverbänden – vorgelegte Vorschläge wichtige Erfolge des European Green Deal zu gefährden drohen.”
https://www.germanwatch.org/de/93116
Vorgeschichte
Zur Vorgeschichte des europäischen Lieferkettengesetzes finden Sie im GWP-Online-Archiv eine Kontrovers-Darstellung, die die Positionen von Verbänden, EU und NGOs gegenüberstellt.
https://gwpextra.budrich.eu/stichwort-lieferketten/