Die Rolle der Interessengruppen im demokratischen Willensbildungsprozess ist umstritten. Mit ihren politischen Aktivitäten leisten die Interessengruppen einerseits einen wertvollen Beitrag, um die fachliche Qualität und Akzeptanz von Gesetzen zu erhöhen. Andererseits wird ihnen nachgesagt, unzulässigen Einfluss auf die Politik auszuüben.
Der Beitrag von Thomas von Winter „Lobbyismus als Chance und Risiko für die demokratische Willensbildung“ informiert grundsätzlich über Lobbyismus und hilft, einen Vorgang wie den nachstehend angesprochenen um die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm einzuordnen.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, umgangssprachlich die „fünf Wirtschaftsweisen“ genannt, ist ein Gremium, das im Jahr 1963 durch einen gesetzlichen Auftrag eingeführt wurde. Es befasst sich wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands.
LobbyControl schrieb in diesem Frühjahr:
Der Interessenkonflikt liegt auf der Hand: Veronika Grimm berät die Bundesregierung als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweise). Ihr Schwerpunkt liegt unter anderem in den Bereichen Energiemärkte und Energiemarktmodellierung. Sie ist außerdem Mitglied in mehreren weiteren energiepolitischen Beratungsgremien der Bundesregierung, darunter im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung und in der Expertenkommission zum Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ beim Wirtschaftsministerium.
Für ihre Mitgliedschaft im Aufsichtsrat von Siemens Energy bekommt Grimm nun eine satte Vergütung. Die Interessen des Konzerns wird sie fortan im Blick haben. Ihre Vergütung liegt bei mindestens 120.000 Euro. Hinzu kommen weitere Zulagen für mögliche Mitgliedschaften in Untergremien des Aufsichtsrats sowie Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an Sitzungen. Damit dürfte sie bei Siemens Energy mehr verdienen, als mit ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin an der TU Nürnberg.https://www.lobbycontrol.de/aus-der-lobbywelt/interessenkonflikt-wirtschaftsweise-grimm-und-siemens-energy-114806
Der Sachverständigenrat sieht darin einen Interessenkonflikt, der den Ruf des Sachverständigenrates schädigt. Er will sich neue Regeln (Complianceregeln) geben, um solche Situationen künftig zu vermeiden. Dagegen klagt nun die Sachverständige Veronika Grimm. Hierzu wieder LobbyControl:
Köln, 2. Oktober 2024: LobbyControl begrüßt, dass der Sachverständigenrat sich moderne Compliance-Regeln geben will. Damit könnten künftig Interessenkonflikte wie der von Veronika Grimm durch ihre Doppelmitgliedschaft im Sachverständigenrat und im Aufsichtsrat des Dax-Konzerns Siemens Energy vermieden werden {…} Die Klage zeigt einmal mehr, dass Grimm um jeden Preis einen offensichtlichen Interessenkonflikt nicht anerkennt. LobbyControl fordert Konsequenzen.
Max Bank, Sprecher von LobbyControl:
„{…} Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf Konsequenzen zu ziehen, bevor Veronika Grimm den Ruf des Rats weiter in Mitleidenschaft zieht. Es braucht endlich Klarheit: entweder Aufsichtsrat eines Dax-Konzerns oder Wirtschaftsweise. Beides zusammen geht nicht. Regierungsberatung muss unabhängig sein.“