Das Progressive Zentrum berichtet über den Vorwurf des neuen amerikanischen Vizepräsidenten Vance auf der Münchener Sicherheitskonferenz, in Deutschland würde die freie Rede eingeschränkt:
„Wie steht es um die Meinungsfreiheit in Deutschland und Europa? US-Vizepräsident James David Vance hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich gemacht, dass diese Frage fortan ein Kriterium für die Trump-Administration sein wird, wenn es darum geht, die Sicherheit Europas zu garantieren. Der Vorwurf lautet, freie Rede werde hier eingeschränkt, sei es durch die strafrechtliche Verfolgung von Hass und Hetze im Internet, durch diskursiv erzeugte Brandmauern gegen rechtsextremistische Parteien…“
https://www.progressives-zentrum.org/reclaiming-meinungsfreiheit-wider-die-instrumentalisierung-eines-rechts/
In der GWP-Ausgabe 3/2019 reflektierte Tanjew Schultz das Thema „Meinungsfreiheit“ in der Bundesrepublik Hier ein Auszug aus seinem Beitrag, der im Open Access vollständig zugreifbar ist:
In der Bundesrepublik bestehen vergleichsweise weitreichende Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Hinblick auf die Verherrlichung des Nationalsozialismus, die Leugnung des Holocaust und die Hetze gegen Minderheiten (Volksverhetzung). Im Juli 2019 bestätigte zum Beispiel das Landgericht Braunschweig eine Verurteilung von Salzgitters AfD-Chef Michael Gröger (Westermann 2019). Er hatte Verse veröffentlicht, in denen behauptet wurde, Asylbewerber würden den Deutschen Aids und Rauschgift bringen. Einige Monate zuvor hatte das Landgericht Rostock den Landtagsabgeordneten Holger Arppe wegen volksverhetzender Interneteinträge verurteilt. Er soll unter einem Pseudonym vorgeschlagen haben, Großbritannien als zentrales Reservat und „Quarantäne-Insel“ für alle in der EU lebenden Muslime zu nutzen. Arppe sprach von einem „politisch motivierten Prozess“ und forderte, den Tatbestand der Volksverhetzung abzuschaffen; in den USA sei so eine Strafvorschrift „undenkbar“ (Reißenweber 2018). Die genannten Verfahren zeigen, dass es wichtig ist, zwischen rechtlichen, morali schen und politischen Urteilen zu differenzieren und Unterschiede zwischen verschiedenen Rechtskulturen zu beachten. Bemerkenswert ist zudem, dass im politischen Reizklima einerseits die Klage kursiert, es werde zu vieles toleriert (die Justiz solle härter durchgreifen), andererseits auch die gegenteilige Version: Es existierten zu viele Tabus und Redeverbote. https://www.budrich-journals.de/index.php/gwp/article/view/33951
Aufschlussreich ist auch die Fallstudie „Internethetze“ von Christian Fischer (Ausgabe 1-2017)
Hier heißt es:
„Das Phänomen der Internethetze ist eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft. Es konfrontiert uns mit der Frage, wie weit das Recht auf Meinungsfreiheit gehen darf. Diese Frage ist nicht nur eine juristische, sondern vor allem auch eine politische und politisch-moralische. Am Phänomen der Internethetze wird deutlich, dass das Recht auf Meinungsfreiheit in einem Spannungsverhältnis zu anderen Grundrechtsgehalten stehen kann, vor allem zur Menschenwürde. Dieses Spannungsverhältnis sollte im Politikunterricht zum Gegenstand politischen Lernens gemacht werden.“
https://www.budrich-journals.de/index.php/gwp/article/view/27443/23985
Zum Thema gehört auch die amerikanische Kritik am „Digital Service Act (DSA)“ der EU. Während Präsident Trump gerade die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit beschränkt, indem er Begriffe wie „Gerechtigkeit“, „Hassrede“ oder „Diskriminierung“ in wissenschaftlichen Arbeiten verbieten und von einer staatlichen Förderung ausschließen lässt, warnt Brendan Carr, Chef der US-Telekomaufsicht FCC, auf dem Mobile World Congress in Barcelona vor angeblichen Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch die europäische Regelung.
Carr sagte, die Einschränkungen könnten für US-Technologieunternehmen problematisch sein, da sie ihrer Verpflichtung gegenüber der Meinungsvielfalt widersprächen. Sollten ausländische Firmen durch die Regelungen benachteiligt werden, werde die US-Regierung deren Interessen verteidigen.
Zur EU-Seite des DSA: https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/dsa-vlops